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Buchvorstellung: Eine Formalie in Kiew von Dmitrij Kapitelman

Buch

"Eine Formalie in Kiew" ist die Geschichte einer Familie, die einst voller Hoffnung in die Fremde zog, um ein neues Leben zu beginnen, und am Ende ohne jede Heimat dasteht. Erzählt mit dem bittersüßen Humor eines Sohnes, der stoisch versucht, Deutscher zu werden.

Eine Rezension von Michael Rinka

Dmitrij Kapitelman möchte seinen Aufenthalt in Deutschland legitimieren und beantragt die deutsche Staatsbürgerschaft. Dafür muss er unter anderem seine Geburtsurkunde noch einmal in seiner Geburtsstadt Kiew notariell beglaubigen lassen und zwar mit Hilfe einer sogenannten Apostille, einer Beglaubigungsform im internationalen Rechtsverkehr. Er macht sich auf den Weg nach Kiew.

Lakonisch und satirisch berichtet Kapitelman also aus seinem Leben – sein Alter Ego heißt im Roman Dima. Es geht jedoch nicht nur um den deutschen Pass, den er erhalten will, sondern auch um das Verhältnis zu seinen Eltern, die nie richtig in Deutschland angekommen sind und eigentlich nur vegetieren statt zu leben. Der Autor schreibt, sein Einbürgerungswunsch habe sich auf der von sibirischen Katzen vollgepissten Treppe im Haus seiner Eltern manifestiert. Für seine Eltern ist das kein Thema. Das Leben seiner Mutter wird von sibirischen Katzen und Katzenchats im Internet ausgefüllt. Sein Vater ist lethargisch mit der Fernbedienung auf der Couch versunken.

Die Wartezeit auf seine Dokumente  in Kiew ermöglicht es Dima die Stadt seiner frühesten Kindheit wieder zu erkunden und Erinnerungen aufzufrischen. Plötzlich wird ihm sein Vater per Flugzeug nach Kiew geschickt. Seine Mutter meint am Telefon, er solle dafür sorgen, dass Papa mal von ukrainischen Ärzten durchgecheckt wird. Er vergesse ja immer mehr. Die Krankheit seines Vaters hat aber keinen Namen und scheint zuweilen auch nicht zu existieren. So können sich Vater und Sohn wieder näher kommen. Schließlich reisen sie nach Leipzig zurück.

Kapitelman hat einen Eltern-Sohn-Roman geschrieben, der voller Witz, Ironie und manchmal auch Sarkasmus steckt. Lesenswert!

Eine Formalie in Kiew von  Dmitrij Kapitelman , 2. Aufl..  2021,, 176 S., ISBN  978-3-446-26937-8, - Hanser Berlin -  ; 20 Euro