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Jahresrückblick 2020: Von Corona in die mediale Zukunft katapultiert

Andreasgemeinde Pastors HeartErstellt von Fabian J. Witmer

Vermutlich gab es in unser aller Leben noch kein Jahr, was so drastische Veränderung für die gesamte Welt herbeigeführt hat, wie 2020. Niemand hätte freiwillig entschieden, auf so viel zu verzichten und so viel gleichzeitig zu verändern. Und doch sind wir nun hier: in der Zukunft – mit allen Vor- und Nachteilen.

Ich habe mich nach aller erster Verunsicherung dafür entschieden, dieses Jahr bewusst auf die Vorteile zu blicken. „Corona treibt die Digitalisierung voran“, haben wir schon oft gehört. Das nehme auch ich so wahr. Viele Möglichkeiten, die es schon lange gibt – zum Beispiel Home Office, Livestream, Online-Glaubenskurse, virtuelle Teamsitzungen –, haben wir noch nie oder nicht annähernd in dem Maße genutzt, wie es bereits seit Jahren möglich gewesen wäre. So manch gemeindliche Sitzung ist in den letzten Monaten kürzer, effektiver und strukturierter geworden – zur Freude der Anwesenden. Natürlich fehlen die Zeiten, wo man mit Cheese & Wine am gemeinsamen Tisch einen netten Abend verbringt und sich dabei leger über die Themen der Gemeinde austauscht. Sich aber – nach Bedarf und Zeit – kurz in Meetings ein- und ohne schlechtes Gewissen auch wieder auszuklinken (und sich dabei auch noch An- und Abfahrt zu sparen) – das ist doch schon mal was! Für anderes mussten wir neue Lösungen finden; der Herausforderung haben wir uns gestellt.

Habe ich im letzten Jahr noch fantasiert, wie die Medienarbeit der Gemeinde aussehen könnte, so befinden wir uns inzwischen mittendrin. Über Nacht ist es zu einem prägenden Thema unserer Gemeinde geworden, denn: bei einer Gemeinde unserer Größe (mit einem Gebäude unserer Größe), wäre ohne die mediale Arbeit die Gemeindearbeit in Zeiten von Lockdowns und Kontaktbeschränkungen unmöglich.

Gott sei Dank waren wir bereits Anfang des Jahres als Gemeinde videotechnisch optimal ausgestattet. Dies ist nicht zuletzt dem glücklichen Umstand geschuldet, dass wir seit vielen Jahren ein aktives und engagiertes Videoteam in der Gemeinde haben. Auch sie sind von jetzt auf gleich zu den Helden unseres Gemeindealltags geworden. Seit dem 15. März 2020 bis Heiligabend wurden von unserem Produktionsteam (wozu auch unsere Tontechniker gehören) 45 Gottesdienstproduktionen gestemmt (darunter GoSpecial, Kompass, Festgottesdienste anlässlich Ostern, Pfingsten, Neubauprojekt, Weihnachten und weitere „normale“ Gottesdienste)! Das ganze Ausmaß dieser Leistung wird einem bewusst, wenn man sich folgendes vor Augen führt:

  • bei jeder Veranstaltung waren ca. 7 Personen aus dem Produktionsteam involviert,
  • jeder von ihnen brachte ca. 3 Stunden dafür auf (im Schnitt immer noch konservativ gerechnet).
  • Das ergibt 945 Personenstunden!

Dazu kommen dann noch zahlreiche andere Videos, die als Impulse gesendet, in Veranstaltungen verwendet wurden oder ihr ganz eigenes Format bildeten (z.B. der „Weg nach Bethlehem“). – Liebes Team, ihr seid meine persönlichen Helden und habt meinen größten Respekt und Dank!

Nachdem wir bereits im ersten Halbjahr das große Potenzial dieser medialen Arbeit gesehen hatten, verabredeten wir schnell, dies auch „nach Corona“ weiterzuführen zu wollen. Was das genau bedeuten würde, musste uns erst einmal klar werden. Denn: mit Bekanntgabe des ersten Lockdowns verlagerte sich 85 % meiner Arbeitszeit die Koordination, Planung, Durchführung und Veröffentlichung unserer medialen Angebote. Während ich von vielen mitbekam, dass sie eine „Entschleunigung“ erlebten, traf bei mir genau das Gegenteil zu.

In den Sommermonaten hatte ich dann etwas mehr Luft und konnte überlegen, in welche Richtung wir langfristig mit unserer Medienarbeit gehen könnten. Mich beschäftigte dabei vor allem die Frage: Wie können wir jene Menschen ansprechen und für den Glauben interessieren, die keinerlei Interesse an Gottesdiensten haben (unabhängig davon, ob wir diesen vor Ort oder online anbieten)? Und die Antwort ist so schwer, wie sie leicht ist: Nicht indem wir an unseren Gottesdiensten herumdoktern, sondern indem wir Inhalte anbieten, die keine Gottesdienste sind. – Die Frage ist nämlich: Für welche Inhalte würde sich der durchschnittliche YouTube-Zuschauer interessieren und wie müssten diese aufbereitet sein, damit sie angeschaut werden? Die Antwort ist natürlich nicht: indem wir Katzen-Videos drehen. ;-) Aber vom Ansatz her ist das gar nicht so weit entfernt. Denn: Menschen interessieren sich immer noch für religiöse Inhalte. Nur nicht in der Form, wie sie herkömmlich verpackt sind. Manches Interesse ist auch lediglich ein rein Sachliches („was glauben Christen eigentlich?“). Wenn es uns gelingt, bei diesen vorhandenen Interessen anzuknüpfen – ganz unverbindlich, distanziert, mit qualitativen Inhalten – und einen Mehrwert für die Zuschauer zu schaffen, dann können wir sie vielleicht auch dafür interessieren, sich neu mit dem Glauben auseinanderzusetzen.

Ihr merkt: diese Reise ist ein Aufbruch ins Ungewisse. Was mich aber freut: wir haben in der Gemeindeleitung die große Chance gesehen und wollen uns auf dieses Wagnis einlassen. Was auch klar ist: das geht nicht, wenn alles so bleibt, wie es ist. Ich musste also nicht lange darüber nachdenken, als die Frage an mich herangetragen wurde, ob ich als „Medien-Pastor“ (wie ich jedoch nicht in der EKHN aufgrund fehlender Ordination genannt werden darf) diese Aufgabe weiterverfolgen wollte. Um diese Rolle ausfüllen zu können, werde ich sukzessive in anderen Bereichen Verantwortung abgeben. Wie das genau aussehen wird, wird sich dann im Laufe des Jahres zeigen.

Zum Schluss möchte ich mich ganz herzlich bei allen Spendern für die treue Finanzierung dieser Arbeit bedanken – gerade in diesen herausfordernden Zeiten! Ohne eure Spenden wäre nichts davon möglich gewesen. Und nur mit eurer fortwährende Unterstützung können wir gemeinsam in die Zukunft aufbrechen und werden – vermutlich auch in 2021 von Corona noch weiter in die mediale Zukunft katapultiert.

Euer Fabian J. Witmer